Mit diesem komplexen Thema beschäftigt sich Finance Business Partner, Valerie Grimm. Sie ist Leiterin des Projekts zur Berechnung des CCF und beantwortet uns im Interview mit Hannah Specht, Messe Frankfurt Corporate Communications, die wichtigsten Fragen rund um den unternehmensbezogenen CO2-Fußabdruck.
Hallo Valerie, schön dass du heute da bist. Da ist auch schon die erste Abkürzung gefallen. Was genau bedeutet das eigentlich CCF?
Erstmal, hallo zusammen. Ich freue mich sehr auf unseren Austausch heute.
Zu deiner Frage – der CCF ist der Corporate Carbon Footprint, also übersetzt der unternehmensbezogene CO2-Fußabdruck. Dieser beschreibt die Treibhausgasbilanz der von uns durch unsere Geschäftstätigkeit emittierten und absorbierten Treibhausgase.
Hier darf man sich übrigens nicht von dem Begriff CO2-Fußabdruck irritieren lassen: CO2 fungiert als Referenzsubstanz und macht den Großteil der Emissionen in unserer Atmosphäre aus, aber der CO2-Fußabdruck umfasst noch einige weitere Treibhausgase, die z.T. deutlich klimawirksamer als Kohlenstoffdioxid, also CO2, sind.
Warum haben wir uns überhaupt dazu entschieden, den CCF zu berechnen?
Das hat zwei Hauptgründe:
Zum einen kann man nur das steuern, was man auch misst. Unser großes Ziel ist es, die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Ein Teilziel davon ist die Treibhausgasneutralität. Dafür müssen wir zunächst den Status Quo der Treibhausgasemissionen erheben, um Reduktionsziele formulieren und den Fortschritt messbar machen zu können.
Zum anderen besteht die Verpflichtung zur Ermittlung der Treibhausgasemissionen durch die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD. Diese europäische Richtlinie verpflichtet uns ab dem Jahr 2026 für das Geschäftsjahr 2025 zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese beinhaltet auch eine sogenannte Wesentlichkeitsanalyse. Sprich, eine Analyse, welche Nachhaltigkeitsaspekte für uns wesentlich sind und über welche wir als Konsequenz berichten müssen. In unserem Fall sind das unter anderem die vom Unternehmen verursachten Treibhausgasemissionen.
Und so habt ihr das Projekt zur Berechnung des CCF im Juni 2024 gestartet. Was ist dein Fazit nach den ersten Monaten im Projekt?
Es geht seitdem stetig voran im Projekt. Wir haben schnell festgestellt, dass das ganze Thema wirklich sehr komplex ist, unter anderem aufgrund der Menge an Daten, die es zu erheben gilt. Daher haben wir ein stufenweises Vorgehen implementiert und haben uns auf unsere Standortgesellschaften fokussiert, ehe wir uns jetzt den internationalen und nationalen Töchtern außerhalb Frankfurts widmen.
Es bedarf ganz klar eines integrierten Nachhaltigkeitsmanagements für ein Projekt in diesem Umfang und dieser Größenordnung.
Was kann ich mir denn unter dem integrierten Nachhaltigkeitsmanagement vorstellen?
Wir verzahnen damit bestmöglich verschiedene Nachhaltigkeitsprojekte, um Synergien zu schaffen und ein effizientes Vorgehen zu gewährleisten.
Welche Nachhaltigkeitsprojekte meinst du konkret und kannst du Beispiel für die angesprochenen Synergien nennen?
Seit 2023 ist die Messe Frankfurt am Standort Frankfurt EMAS-zertifiziert. Als Umweltmanagementsystem fokussiert sich EMAS auf die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit. Im CCF-Projekt liegt der Schwerpunkt auf den Treibhausgasemissionen und damit ebenfalls auf dem Umweltaspekt, allerdings konzernweit und folglich über den Standort Frankfurt hinaus. Für die Standortgesellschaften haben wir so mit EMAS bereits eine gute Datenbasis vorliegen, auf die wir aufbauen können.
Nehmen wir die Geschäftsreisen als Beispiel. In einer Gap-Analyse haben wir untersucht, welche Daten wir bereits im Rahmen von EMAS erfasst haben und welche noch erhoben werden müssen. In unserem konkreten Beispiel heißt das, Bahn- und Flugreisen wurden bereits erfasst, es mussten nur noch die Anzahl an Hotelübernachtungen nach Ländern erhoben werden.
Im nächsten Schritt folgt dann die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD. Das heißt eine konzernweite Erhebung über alle 3 Nachhaltigkeitsdimensionen hinweg.
Synergien und somit auch Chancen: Welchen Mehrwert bietet die angesprochene EMAS-Zertifizierung des Standorts konkret für das aktuelle CCF Projekt?
Ein kurzer theoretischer Background zum Verständnis: Für die CCF-Berechnung werden Emissionen in drei verschiedene Scopes eingeteilt. Die Scopes 1 und 2 Daten liegen dank EMAS für die Standortgesellschaften nahezu vollständig vor. Das sind direkte Emissionen des Unternehmens und indirekte, Emissionen aus bezogener Energie.
Zum Teil haben wir auch schon einen Teil der Scope 3-Daten für EMAS erhoben, wie z. B. Daten zum Abfall.
Zudem kommen operative Vorteile in der Projektarbeit dazu, die auch nicht zu unterschätzen sind. Denn die Vorgehensweise ist ähnlich, wir kennen die Ansprechpartner und die Prozesse der Datenabfrage sind erprobt.
Das klingt in der Tat ziemlich komplex. Was würdest du sagen, ist der Schlüssel um solch ein Projekt erfolgreich zu stemmen?
Schon, die Verzahnung der Prozesse ist zunächst mit Aufwand verbunden und es bedarf einer intensiven Abstimmung zwischen den Projektteams, auch mit externen Partnern. Dabei ist die Kommunikation eines der wichtigsten Aspekte des Projekts und letztendlich profitieren wir alle davon.
Das kann ich mir gut vorstellen. Vor allem, wenn wir über Frankfurt hinaus und konzernweit blicken. Das Projekt zur Berechnung des CCF, also des Corporate Carbon Footprint, läuft nun seit Juni 2024. Der Grundstein ist also gelegt. Wie geht es nun konkret weiter?
Die Datenerhebung an den Standortgesellschaften ist nahezu abgeschlossen. Jetzt bereiten wir den internationalen Rollout vor, mit insgesamt 12 Länder, zum Teil auch mehrere Gesellschaften pro Land. Konkret sind das Deutschland, Frankreich, Italien, Türkei, Großbritannien, China, Japan, Indien, Südkorea, USA, Argentinien und Südafrika.
Wie sehen die Vorbereitungen aus?
Die Vorbereitungen sind vielschichtig und beinhalten diverse Aspekte. Ein großer Punkt ist der Aufbau einer gemeinsamen, intuitiven Struktur für den Datenaustausch. Aber auch Training und Wissensvermittlung gilt es konsequent einzubinden.
Und mit dem Blick in die weitere Zukunft: Hat das Projekt denn ein geplantes Ende?
Die Datenerhebung ist ein jährlicher Prozess und hat somit kein wirkliches Ende. Denn, nur was wir messen können, können wir auch steuern. Wir schaffen jetzt die Basis zur Dekarbonisierung und somit den Anfang für weitere wesentliche Themen im Nachhaltigkeitsmanagement der Zukunft.
Das war ein wunderbares Schlusswort, liebe Valerie. Vielen Dank, für deine Einblicke und deine Zeit.
Sehr gerne.
Wir freuen uns schon, dieses wichtige und zukunftsweisende Projekt weiter wachsen zu sehen. In diesem Sinne – bis zum nächsten Mal!
Noch mehr zum Thema Corporate Carbon Footprint gibt es in unserer Videoserie mit Valerie Grimm auf den Instagram- und LinkedIn Kanälen der Messe Frankfurt. Schaut gerne vorbei und sagt uns, wie ihr unsere Videos findet!